Sonntag, 16. November 2014

Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied.

Hallo ihr Lieben,

und schon wieder ist Sonntag und demzufolge wieder eine Woche rum.

Ich fange einfach gleich mit dem Mittwoch an, denn an diesem Tag hatte ich meine 1. kleine Rede auf Chinesisch. Mein Rotaryclub hat mich und die Amerikanerin eingeladen, um von unseren ersten zweieinhalb Monaten zu berichten.
Ehrlich gesagt hatte ich mich nicht besonders gut vorbereitet. Ich hatte jediglich meine Fotos auf die Festplatte gezogen und hatte meinen Blog parat.
Also habe ich einfach angefangen mit "Hallo..., Ich bin..., Ich bin in Taiwan seit...," und irgendwann purzelten die Wörter von alleine.
Ich bin ziemlich stolz auf mich, ich habe ca. 15 Minuten geredet. Ab und zu habe ich auch ein englisches Wort benutzt, aber im Großen und Ganzen konnte ich ganz gut fließend erzählen.





Achja, bei den Fotos nicht wundern, ich trage meine Schuluniform und mein Tuch, weil im Restaurant die Klimaanlage sehr stark war und es sowieso draußen mittlerweile sehr kalt wird.

Apropo Wetter:
Hier seht ihr mal ein Bild, dass ich die ganze letzte Woche zu sehen bekommen habe:


Der Taipei 101 ist von meiner Schule sehr gut zu sehen - bei Regen und Nebel (und 17°C) fehlt allerdings die Spitze.

Weil ich sehr schnell kalte Hände bekomme hat mir diese Woche dieses kleine Kissen geholfen meine Finger wieder warm zu bekommen. Es ist eine Art Wärmekissen, man reibt es aneinander, dann erwärmt es und die Wärme hält dann für ca. 24 h an. Sehr praktisch!

Ich starte meinen Tag übrigens seit kurzem sogar mit einem heißen Tee oder einem warmen Kakao, den ich mir und meinen Gastschwestern aus Kakao, Sojamilch und Honig (und für mich Zimt) selber mixe. Etwas Warmes für den Körper und für das Herz!

Am Donnerstag habe ich mit meiner Gastschwester Karotten-Apfel-Muffins gebacken. Mich hat es einfach mal wieder gepackt etwas zu backen.
Eine Hälfte ohne Zimt, die andere mit. Ich kann garnicht verstehen, wie die Leute hier keinen Zimt mögen können. Gerade bei diesen Temperaturen. Naja, ist schließlich eine ganz andere Ecke der Welt. Aber am Ende hat es ja trotzdem geschmeckt.
Und das Rezept darf ich nun auf Chinesisch übersetzen.



Auf manchen steht "Hat Zimt", auf den anderen steht aber nichts drauf.

Mein Samstag hat ausnahmsweise mal etwas ruhiger gestartet. 
Ich bin zwar früh aufgestanden um Laufen zu gehen, aber danach habe ich ganz in Ruhe gefrühstückt, habe mein Zimmer aufgeräumt, meine Wäsche gewaschen, Tagebuch geschrieben, all den Krims Krams erledigt, irgendwann gab es Mittag.
Und danach begann der Tag weihnachtlich zu werden, denn ich und meine Gastschwester haben uns mit einem warmen Kakao vor den Fernseher gesetzt und haben "Frozen" angeschaut, während es draußen geregnet hat.
Danach konnte ich natürlich nichts anderes tun, außer mir Weihnachtslieder anzuhören. 
Ich muss ehrlich zugeben, dass ich mich in Deutschland schon darüber aufrege, wenn Anfang Oktober schon überall Weihnachtskalender verkauft werden. Jetzt ist es Mitte November und ich höre schon Weihnachtslieder.
Passend dazu habe ich mich danach mit ein paar Freunden in Banqiao verabredet. Das ist hier die berühmte "Weihnachtsstadt" in Taipei, überall hängt Weihnachtsdeko und es gibt sogar einen Weihnachtsbaum. Ich muss aber ehrlich sagen, dass meine Weihnachtsstimmung nach diesem Besuch schnell wieder verflogen ist, denn meiner Meinung nach hatte dieser Trend hier rein garnichts mit Weihnachten zu tun. Die Leute hier machen das alles nur, weil es aus dem Westen kommt und sie sehen es wie gesagt eher als einen Trend an.

 Der Weihnachtsmann auf der Bühne (bei schlappigen 22°C)
 Der "Weihnachtsbaum"
 Seht ihr, wie sie alle Fotos machen?
 Lichter und Schneeflocken. . . unter PALMEN!!!
 Die Weihnachtssterne waren übrigens echt!
 Das Geländer war mit Kunst - Schnee dekoriert. . .
 . . . und gefühlte 100 TV-Autos waren auch mit dabei.
Und hier nochmal ein Blick von oben auf die "Weihnachtsstadt".

Gleich danach ging es weiter in eine Shoppinghalle, in der es im oberen Geschoss einen europäischen Einkaufladen gab.





Es gab sogar "Rittersport" in Winterausführung. Der Preis dafür liegt umgerechnet ungefähr bei 2,60€


 Hier sehr ihr ein kleinen Reformhausstand. Dort konnte man Hustenbonbons und Zahnpasta kaufen. Es war nicht ganz das Reformhaus, was ich von Deutschland kenne, vielleicht war es eher mehr wie eine kleine Apotheke.
Es gab sogar "Schneebälle", die ich normalerweise sonst nur vom Weihnachtsmarkt kenne.

Heute hat sich der Stress der letzten Wochen das erste Mal bemerkbar gemacht. Mein Kopf hat gepocht als ich aufgewacht bin, meine Hals war auch ein bisschen rau.
Doch heute hatten wir eine Rotaryaktivität. Eigentlich hätte ich Zuhause bleiben sollen, aber der Plan war, dass wir auf einen Bio - Bauernhof gehen. Mal etwas, das mich wirklich interessiert! Also dachte ich, okay, im Notfall ist die westliche Medizin mit ihrem Paracethamol für alle Fälle doch ganz hilfreich.
Dazu später noch mehr.
Zumindestens habe ich mich um 7:00 Uhr auf den Weg gemacht, denn ich musste ans andere Ende von Taipei.



 Das ist ein Baum, der aus einem anderem Baum herauswächst. Die Samen sind da eines Tages irgendwie mal hängen geblieben und dann ist da eben diese andere Pflanze rausgewachsen - habe ich zumindestens so verstanden.

Der Eigentümer dieser Farm ist wirklich sehr stolz auf sein Stück Land. Es liegt direkt am Meer und es werden wirklich nur Pflanzen bewirtschaftet. Er meinte sogar, dass die Luft hier klarer sei, als im "Daan - Park", der größte Park in Taipei.

 Danach haben wir unsere "eigenen Süßkartoffeln" und einen richtigen Steinofen gehangen. Es war ein richtiger Stein, in dem man von oben durch ein Loch die Kartoffeln hineingehangen hat.

 Dann gab es ein vegetarisches Mittagsessen - nein, nein. Wir haben aus Pflanzen unsere eigenen kleinen Deckchen gestaltet.


 Tadaaa!
 Und noch viele andere Dinge sind herausgekommen :)

 Das Mittag war allerdings wirklich vegetarisch und all das Gemüse stammte von der Farm.
Das habe ich echt sooooo genossen!
 Was hier ein bisschen wie Schlammsuppe mit bunten Bällen aussieht, ist in Wirklichkeit die tollste Suppe der Welt. Es handelt sich hierbei um "hong dou tang", was soviel wie "rote Bohnensuppe" heißen soll. Sie ist süß und die bunten Bälle bestehen aus Reis und in Kombinaion schmeckt es einfach nur himmlisch!
Danach hat uns unser Guide, der Farmer, gezeigt, wie man ein Lagerfeuer selber macht. Lehm und Schlamm haben wir von hier . . .
. . . nach hier transportiert und haben ein kleines Feuer gebaut.
 Und danach sahen meine Hände natürlich wunderschön gebräunt aus :)
 Danach gab es eine tolle Überraschung, denn wir sind zurück in den Essensraum gegangen, wo schon ein Vitamix (!!!!! - ich vermisse ihn!) und Grünzeug und Obst von der Farm vorbereitet war, woraus für jeden ein grüner Smoothie gemixt wurde.


 Und zum Schluss gab es noch unsere Süßkartoffel (die aus dem Steinofen).

Mir hat es auf der farm sehr gut gefallen. Gute Luft zum Durchatmen, die Vögel haben gezwitschert, es war eine ruhige Atmosphäre und es gab BIO!!!
Und natürlich lag es direkt am Meer, was die ganze Sache noch schöner gemacht hat.
Wenn ich nicht jedes Mal für 140 NT 1,5h mit der U-Bahn bis ans andere Ende von Taipei fahren müsste, würde man mich hier täglich finden.
Wie gesagt. . . "würde".
Aber ich habe es ja in Erinnerung und vielleicht zieht es mich eines Tages doch nochmal dorthin, vielleicht wenn ich mit einer meiner Gastfamilie unterwegs bin.
Apropo Gastfamilie, ich werde in zwei Wochen das erste Mal meine Gastfamilie tauschen. Ich bin zwar sehr traurig darüber, aber ich bin auch schon gespannt, wie meine zweite Gastfamilie so ist.

Weil wir ungefähr schon eine Stunde früher Schluss gemacht hatten, hat meine Freundin aus der Schweiz vorgeschlagen, auf einen kleinen Markt zu gehen, der nur 5 Metrostationen entfernt war.
Es war wirklich eine schöne Atmosphäre.
Es wurde viel Obst und Gemüse von Bauern aus der Umgebung verkauft, aber auch selbstgemachte Produkte, wie Klamotten oder Schmuck.
Eine Art Mix aus Handmade - und Bauernmarkt.
 An einem Stand für Stoffe habe ich mir diesen Kissenbezug aus Lein gekauft.
Die Verkäufern konnte sogar deutsch sprechen, weil sie mal für eine Weile in Deutschland gelebt hat. Das war echt lustig, man trifft jeden Tag wieder neue Menschen.
Wir haben sogar zu meiner Freude einen Bioladen entdeckt.
Leider ist dieser auch nicht gerade in der Ecke meines Wohnviertels, ich müsste jedes Mal eine Stunde fahren. Aber bis jetzt ging es auch ohne.



 Auf dem Markt gab es lauter kleine schöne Geschäfte, wo fast überall handgemachte Sachen verkauft wurden. Das war so süß, ich hätte TONNEN von Geschenken kaufen können, aber dafür habe ich natürlich kein Geld.


Tja ja, lauter bunte verrückte Sachen.

Jetzt sitze ich hier an meinem Computer und tippe diese Zeilen und ich denke mir, es muss unglaublich toll sein all diese Erlebnisberichte zu lesen und sich das alles vorzustellen, wenn man die Bilder sieht.
Ich finde meine Zeit in Taiwan auch unglaublich toll, aber manchmal ist es echt anstrengend.
Uns wurde im Voraus zwar gesagt, dass man als Austauschschüler oft sehr müde ist, aber das es so wird, hätte ich nicht gedacht.
Ich fühle mich in Taipei zwar Zuhause und ich habe auch einen Alltag gefunden, doch das Heimatgefühl bleibt mir allerdings manchmal noch verborgen.
Manchmal rast die Zeit so schnell vorbei, in meinem Kopf sind so viele Stimmen, die mir sagen, was ich auf keinen Fall verpassen darf, dass ich vielleicht keine Zeit habe um alles in Taipei und Taiwan zu sehen.
Was mir allerdings auf der anderen Seite auch klar geworden ist, ist, dass ich mir darüber eigentlich garkeine Gedanken machen sollte. Sicherlich bin ich kein Metropolen - Mensch. Aber selbst in Dresden gibt es Ecken, die ich noch nie gesehen habe, dabei lebe ich nun dort schon fast mein ganzes Leben und Dresden ist auch um einiges kleiner als Taipei.
Ich werde einfach die nächste Woche probieren zur Ruhe zu kommen. Das Austauschjahr ist dafür da, dass ich das Heimatgefühl in mir selbst spüre, dass ich irgendwann Taiwan als ein Teil meines Zuhauses ansehe. Ich bin hier kein Tourist, der sich alles anschauen muss. Natürlich bin ich auf der einen Seite ein Ausländer, der dieses neue Land kennenlernen will. Aber ich bin auch ein Teil des Ganzen, ein Einwohner von Taiwan, einfach weil ich hier lebe. Es ist mein derzeitiges Zuhause. Also sehe ich es auch als ein Zuhause an. Und in Dresden bin ich schließlich auch nicht jedes Wochenende unterwegs, um etwas Neues zu entdecken.
Wie gesagt, es ist nicht immer einfach. Aber wenn es einfach wäre, dann wäre es wohl kein Austauschjahr, oder? Und langsam finde ich ja auch die Oasen, die ich liebe, wie den BIO - Hof oder den BIO - Laden oder kleine Parks. Und wenn es die auf der einen Seite von Taipei gibt, dann gibt es die sicherlich auch auf der anderen Seite.
Was ich schon weiß, ist, dass es in der Nähe von meiner zweiten Gastfamilie eine vegane Bäckerei gibt (das ist die Bäckerei, von der auch meine Geburtstagstorte stammte). Vielleicht werde ich dort nachfragen, ob ich dort mithelfen kann, natürlich nicht für Geld (das ist von Rotary nicht gestattet), aber einfach nur für mich, um Leute kennenzulernen, die auf der selben Schiene wie ich fahren.
So lerne ich immer immer wieder, dass ich ganz alleine für mein Austauschjahr verantwortlich bin. Und ich bin nicht nur in Taiwan für mein Austauschjahr verantwortlich. Ich bin auch in meinem zukünftigen Leben für mich selbst verantwortlich.
Ich komme ganz sicher nicht als die Person zurück, als die ich gegangen bin. Wenn ich hier in den Spiegel schaue, sehe ich mittlerweile eine andere Anna. Nicht schlechter oder besser, einfach nur anders - und das ist okay. Veränderungen gehören dazu.

Durchatmen.

Eure Anna

1 Kommentar:

  1. Liebe Anna, das vergesse ich dir immer wieder zu schreiben, dass ich deine Bilder unheimlich gelungen und total passend finde. Du machst bestimmt 10.000 mehr Fotos und es ist eine Leistung, die richtigen für deinen Blog rauszusuchen. Doch du machst es richtig, gleich selektieren und du hast das beste buch und Nachschlagewerk, welches sich ein anderer Taiwanbesucher durchlesen kann... gespickt mit deinen Gefühlen und Entwicklungsepochen. Ich liebe Dich, Mama.

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